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Stellgrößen der Energieeffizienzoptimierung von Rechenzentren.

Geschrieben von Anne Weisemann, Stefan Kuitunen & Daniel Scholz

Eine der globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts besteht darin, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Der Erfolg des deutschen Beitrags, in Form der für 2030 und 2045 gesteckten Klimaziele, ist unter den bisherigen Rahmenbedingungen in Gefahr [1]. Als Gegenmaßnahme formuliert daher das neue Energieeffizienzgesetz (EnEfG) weitreichende Anforderungen und gesetzliche Vorgaben, um die Energieeffizienz zu steigern und klimaschädliche Emissionen zu reduzieren.

Erstmalig wird hierbei auch explizit die energieintensive und wachstumsstarke Rechenzentrumsbranche adressiert, um deren spezifischen Energiebedarf zu senken und die Abwärmenutzung von Rechenzentren voranzutreiben. Zurecht, denn mit 16 TWh pro Jahr benötigen deutsche Rechenzentren beispielsweise deutlich mehr elektrische Energie als Berlin [2].

Abbildung 1 belegt für Betreiber und Eigentümer: Es lohnt sich in vielerlei Hinsicht, die Energieeffizienz ihrer Rechenzentren zu optimieren.
Vor diesem Hintergrund stellen wir 3 grundlegende Maßnahmen vor, mit der sich die Effizienz von Rechenzentren steigern lässt.

Impulsgebende Faktoren für energieeffiziente Rechenzentren
Abbildung 1: Impulsgebende Faktoren für energieeffiziente Rechenzentren

Maßnahme 1: Effiziente Komponenten wählen

Neben den reinen Investitionskosten stellen der Energiebedarf während der Nutzung und somit die Betriebskosten ein entscheidendes Kriterium bei der Komponentenauswahl dar. Komponenten, die einen hohen Anteil am Gesamtenergieverbrauch aufweisen, sind dabei zu priorisieren.

 
Für Rechenzentren betrifft dies vor allem:

  • die unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV),
  • die Netzteile der Server und
  • die Kompressionskältemaschine des Kühlsystems.

Der Vergleich der Betriebs- und Investitionskostenkosten zweier Netzteile (s. Abbildung 2) zeigt, dass eine höhere Investition in energieeffizientere Komponenten vor allem dann sinnvoll ist, wenn sich diese durch die Betriebskosteneinsparung innerhalb von wenigen Jahren wieder amortisiert.

Abbildung 2: Vergleich der Investitions- und Betriebskosten für verschiedene 1000 W-Netzteile bei 20% Last, Preise Stand 08/23

Maßnahme 2: System für den Betriebspunkt optimieren

Eine 100-prozentige Auslastung aller IT-Ressourcen eines Rechenzentrums ist zwar theoretisch möglich, in der Praxis fällt die mittlere Auslastung jedoch je nach Anwendungsszenario deutlich geringer aus. Für ein Cloud-Rechenzentrum beispielsweise bewegt sich die typische Auslastung zwischen 20 und 30 Prozent [3]. Daher ist es besonders wichtig, das System für den Betriebspunkt und nicht für den Volllastfall auszulegen. Ansonsten hat man im Betriebspunkt mit deutlichen Effizienzeinbußen zu rechnen (siehe Abbildung 3). Eine hohe Effizienz für den Teillastfall kann erzielt werden durch:

  • eine vorteilhafte Steuerung von Komponenten, wie sie z. B. die Drehzahlregelung von Ventilatoren und Umwälzpumpen ermöglicht,
    oder durch
  • modulare Anlagen


Letztere können bedarfsgerecht zugeschaltet werden. Die hohen Wirkungsgradeinbußen großer Aggregate, die entstehen, wenn diese stark heruntergeregelt werden müssen, können so verhindert werden. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit, um mit Modularität die Teillasteffizienz zu optimieren, stellt die sinnvolle Verschaltung von Komponenten dar. Dazu zählt z. B. die Reihenschaltung von Lüftern – mit der sich für einen benötigten Luftvolumenstrom im Vergleich zu einzelnen Lüftern geringere Drehzahlen für den Lüfterverbund realisieren lassen. Da die Leistungsaufnahme von Lüftern eine kubische Abhängigkeit zu ihrer Drehzahl hat (P ~ n³), kann dadurch der Gesamtenergiebedarf für den Lufttransport reduziert werden.

Abbildung 3: Abhängigkeit des PUE von IT-Auslastung in einem Beispielrechenzentrum [4]

Maßnahme 3: Energiebedarf der Kühlung senken

In deutschen Rechenzentren ist die Kühlinfrastruktur, direkt nach der IT, der Bereich mit dem höchsten Energiebedarf [5]. Hauptursache ist maßgeblich die weit verbreitete Nutzung von Kompressionskältemaschinen. Diese werden eingesetzt, um die Kühlung auch bei hohen Außentemperaturen sicherzustellen. Ist die Umgebung zu warm, kann die benötigte Zulufttemperatur der Server nicht über eine bloße Kühlung gegen die Außenluft erreicht werden.

Statt das Rechenzentrum in eine klimatisch günstigere Region umzuziehen, sind auch folgende Energiesparmaßnahmen möglich:

a) Alternative Kälteerzeugung

Neben der Kälteerzeugung aus Kompressionskältemaschinen kann auch auf Verdunstungskühlung oder Adsorptions- bzw. Absorptionskältemaschinen gesetzt werden. Bei ersterem benötigt man Wasser, bei den letzteren beiden Wärme auf hohem Temperaturniveau. Wenn diese Ressourcen zur Verfügung stehen, kann evaluiert werden, ob die Kompressionskälte ersetzt werden kann.

b) Temperatur des Kühlmediums anheben

Damit die Serverabwärme an die Außenluft abgegeben werden kann, muss die Eintrittstemperatur des Kühlmediums je nach Kühlkonzept zum Teil deutlich oberhalb der Außenlufttemperatur liegen. Folglich stellt die Erhöhung der Eintrittstemperatur des Kühlmediums eine Möglichkeit dar, den Freikühlanteil zu erhöhen.

Für luftgekühlte Server bedeutet das, dass für einige Stunden pro Jahr auch Eintrittstemperaturen über 30 °C zugelassen werden. Inwieweit die Spezifikationen der jeweiligen Server dies gestatten, ist aus der entsprechenden ASHRAE-Klasse (nach TC 9.9 Reference Card [6]) ersichtlich. Je nach Einstufung können Server dabei bis 32 °C (A1), 35 °C (A2), 40°C (A3) oder sogar bis 45 °C (A4) betrieben werden. Inwieweit der Anteil der Kompressionskälte reduziert bzw. der Freikühlanteil durch eine Anhebung der maximalen Servereintrittstemperatur von 27 °C auf 35 °C (A2) gesteigert werden kann, verdeutlicht beispielhaft Abbildung 4. Mit einer Erhöhung der Server-Eintrittstemperartur von 27 °C auf 35 °C kann man für ein Beispielrechenzentrum am Standort Dresden die Laufzeit der Kompressionskältemaschine von 2100 auf 300 Stunden/Jahr reduzieren. Die Reduktion der Betriebsstunden spiegelt sich direkt in einer Reduktion der strompreisabhängigen Betriebskosten wieder und stellt somit eine relevante Einflussgröße dar.
Als gegenläufiger Effekt resultiert der Anstieg der Eintrittstemperatur bei Servern zu einem moderat erhöhten elektrischen Energiebedarf.
Das bedeutet, dass auch, wenn in der Regel mit dieser Maßnahme eine energetische Verbesserung erzielt werden kann, stets zu prüfen ist, ob dieser Effekt die Einsparung im Kühlsystem nicht übersteigt.

Abbildung 4: Erhöhung des Freikühlanteils durch höhere Servereintrittstemperaturen am Standort Dresden (ohne Verdunstungskühlung)

Eine weitere Möglichkeit, um die Temperatur anzuheben, ist der Einsatz von Servern mit Flüssigkeitskühlung. Durch die höhere Dichte und Wärmespeicherkapazität können Server effizienter gekühlt werden. Im Vergleich zur Luftkühlung erlaubt dies bei gleichbleibendem Kühleffekt eine Annäherung der Temperatur des Kühlmediums (Flüssigkeit) an die Chiptemperatur (vgl. Abbildung 5).
Dabei gestatten heutige Server oftmals Flüssigkeitseintrittstemperaturen von über 50 °C, wodurch sich die Kühlung ohne Kompressionskälte für Außentemperaturen von bis zu 45 °C problemlos realisieren lässt. Alternativ steigt damit auch die Wahrscheinlichkeit, eine geeignete Wärmesenke für die Abwärmenutzung zu finden (siehe Punkt c).

Abbildung 5: Freikühlpotential von indirekter und direkter Flüssigkeits- sowie Luftkühlung im Vergleich

c) Alternative Wärmesenke

Zur Vermeidung von Kompressionskälte stellt die Verwendung einer alternativen Wärmesenke eine weitere Option dar. Anders als die Außenluft sollte diese ganzjährig niedrigeren Temperaturen als das Kühlmedium aufweisen. Unter Beachtung örtlicher Umweltauflagen kommen dafür beispielsweise Grund- oder Flusswasser in Frage. Noch vorteilhafter ist die Einspeisung in ein lokales oder dezentrales Wärmenetz, das ganzjährig Wärme aufnimmt. In diesem Fall kann die Abwärme sogar noch sinnvoll weiterverwendet werden.

 

Fazit

Die vorgestellten Maßnahmen ermöglichen bereits eine erste signifikante Steigerung der Energieeffizienz eines Rechenzentrums und zeigen ferne monetäre Einsparpotentiale auf. Die interdisziplinäre Komplexität einer kontinuierlichen Optimierung der Energieeffizienz von Rechenzentren sollte dabei jedoch nicht unterschätzt werden.

Mit seinen Expertinnen und Experten unterstützt Cloud&Heat Interessierte in Form individueller Beratung sowie durch Machbarkeitsstudien und Schulungen zum Thema Energieeffizienz im Rechenzentrum.

Quellen

[1] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/klimapolitik-deutschland-duerfte-seine-klimaziele-2030-und-2045-verfehlen/29273700.html
[2] https://www.deutschlandfunk.de/stromverbrauch-digitalisierung-internet-bitcoin-rechenzentren-abwaerme-100.html
[3] https://www.wired.com/2012/10/data-center-servers/
[4] https://www.se.com/ww/en/work/solutions/system/s1/data-center-and-network-systems/trade-off-tools/data-center-efficiency-and-pue-calculator/
[5] Hintemann, R. & Hinterholzer, S. (2023), „Rechenzentren 2022: Steigender Energie- und Ressourcenbedarf der Rechenzentrumsbranche“, Berlin, Borderstep Institut.
[6] ASHRAE (2021), „Thermal Guidelines for Data Processing Environments, Fifth Ed.“

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